Archetyp der Herzkriegerin

Der Archetyp der Herzkriegerin tauchte für mich zum ersten Mal in den 90er Jahren auf als ich eine Kampfkunst-Lehrerin in den USA traf, die den Weg ihrer Schule „The Warrior Heart Path“ nannte. Dieses scheinbare Paradox, das mich „mitten ins Herz traf“, hat mich schon damals fasziniert… und die Energie, die es bis heute in mir zum Schwingen bringt, hat mich und meinen Weg tief geprägt. Mein spiritueller Name ist Yushin – Zartes Herz. Der Kampfkunststil, den ich über 2 Jahrzehnte trainierte, heißt Moo Gong Ryo, WächterIn des Friedens.
Die Herzkriegerin – wie ich sie verstehe – ist nicht eine Kriegerin, die hinausgeht in die Welt um zu kämpfen. Sie ist eine Kriegerin, die nach Innen geht um sich der Angst zu stellen, die sie einmal glauben machte, sie müsse sich schützen vor der Welt. Ihr Weg ist daher der Weg, den Kampf zu beenden – der Weg der „Wächterin des Friedens“.

Sie ist in Kontakt, in Verbindung mit sich selbst, mit ihrem Herzen… in ihrem Körper beheimatet. Sie nährt ihr eigenes Feuer. So ist sie bereit, Verantwortung zu tragen – für sich selbst, ihr Leben und ihre Aufgabe in der Welt.

Das Herz dieser Kriegerin ist offen, weit und unerschrocken, denn es kennt seinen Mut und seine Stärke. Es ist gegründet in Liebe und Verbundenheit denn es weiss, wir sind in Wahrheit eins mit allem, was existiert. Berührbarkeit und Wahrhaftigkeit sind sein Ausdruck in der Welt.
Dieses Herz der Kriegerin hat Zugang zu der pulsierenden Kraft, die daraus erwächst, immer wieder zu fühlen was IST – auch und gerade das Schmerzhafte und Herausfordernde. Doch lässt die Herzkriegerin immer wieder aufs Neue zu, dass dies ihr Herz nicht verschliesst sondern es mehr und mehr ausdehnt und weitet.
Sie weiß für sich einzustehen – nicht aus einer Angst heraus, die ihr Herz zusammenzieht, sondern aus der Klarheit der unterscheidenden Weisheit heraus. Diese ist verwurzelt im Herzen der Kriegerin und so schreckt sie nicht zurück vor einer Herausforderung, sondern stellt sich ihr. Sie begibt sich, so gut sie es in diesem Augenblick vermag, hinein – mitten in das Auge des Sturms. „Always go forward, always enter.“ (Dank an Master D. Walker).

Dabei immer wieder das Herz auszudehnen, egal was ihm „von Außen“ entgegen kommt, und in dieser Anstrengung nicht nachzulassen oder aufzugeben… bereit zu sein, da zu bleiben, wach zu bleiben, das zu erlauben, was auftaucht und sich weder davor noch damit zu verstecken – das bedeutet „showing up“ (Dank an Roshi J. Halifax).

Im Herzen „Zuflucht zu nehmen“ heißt, inmitten sich ständig verändernder Bedingungen sich anzuschliessen ans Zentrum, ans Feuer der eigenen Herzkraft. Dort, an diesem zarten, offenen, berührbaren Ort, in diesem lebendig pulsierenden Feuer können all die alten Ängste, Urteile und Schutzmechanismen in Bewusstheit transformiert werden. In diesem Wissen weichen wir nicht mehr aus, sondern stellen uns unserer eigenen Angst und lassen uns mitnehmen auf die Reise zu der, die wir wirklich sind, „jenseits von Hoffnung und Furcht“.
Dieses Sich-Zeigen, sich dem Leben stellen mit allem was ist, erfordert den Mut einer Kriegerin.

Das Herz bloßzulegen und somit das eigene Licht in die Welt scheinen zu lassen – mir selbst zu erlauben genau die zu sein, die ich im jetzigen Moment bin und zugleich die erwachen zu lassen, die ich das Potential habe zu sein – das ist es, was lebendig macht und „ganz“. Das ist es, wonach wir uns sehnen und wovor wir uns gleichzeitig fürchten – das Zulassen unserer eigenen Ganzheit und Größe.

„Unsere tiefgreifendste Angst ist nicht,
dass wir ungenügend sind.
Unsere tiefgreifendste Angst ist,
über das Messbare hinaus kraftvoll zu sein…
Es ist unser Licht, nicht unsere Dunkelheit,
was uns am meisten Angst macht!“.
– Marianne Williamson, A Return to Love 

Indem die Kriegerin ihr Herz nicht verschließt, nicht vor dem Leiden der Welt und auch nicht gegenüber ihrer eigenen Angst, entsteht auf wundersame Weise Zuversicht & Kraft und ein Erkennen dessen, wer sie wirklich ist. Vertrauen kommt auf, das im Leben selbst gegründet ist, in seiner ganzen Unvollkommenheit und in seiner absoluten Ganzheit. Und ein Mitgefühl, dass dieses Vertrauen teilen möchte mit der Welt.

„Wirkliche Furchtlosigkeit erwächst aus der Zartheit, aus der Bereitschaft, dein verwundbares, wunderbares Herz von der Welt berühren zu lassen. Du bist bereit, dich ohne Abwehr und ohne Scheu der Welt zu öffnen, und du bist bereit, dein Herz mit anderen zu teilen.“
– Chögyam Trungpa

Dieses „Teilen des Herzens“, also die mitfühlende Verbundenheit mit anderen Wesen zu spüren und dies aktiv als ein Sich-Verbinden auszudrücken, ist der Weg der Herzkriegerin in der Welt. Sei es in alltäglichen, persönlichen oder spirituellen Begegnungen mit anderen Menschen oder im gesellschaftlichen Handeln und Arbeiten – die Praxis der Herzkriegerin ist die des Einlassens und Zulassens, der Begegnung mit dem, was IST, aus ihrem ganzen Herzen heraus, whole-heartedly.

Dafür ist es nötig, dass sie immer wieder in Verbindung tritt mit all den Anteilen und Kräften in sich selbst – nicht polarisierend, nicht ausschliessend, sondern integrierend, einschliessend. „Ich will lieber ganz sein als gut.“ (C.G. Jung) Denn wenn wir scheinbare Widersprüche in uns selbst zulassen können – Zartheit & Kraft, Stille & Bewegung, Schmerz & Freude, Bedürfnis nach Allein-Sein & nach Beziehung, „weiblich“ & „männlich“, Mut & Angst, Bindung & Freiheit, Licht & Dunkel, Wut & Liebe, Verzagtheit & Zuversicht, Leere & Form ….. – wenn wir uns trauen, das Sowohl-als-auch zu erkunden UND zu leben, dann können wir die Reibung zwischen diesen „Widersprüchen“ als Quelle unserer Kraft, unserer Lebenskraft erkennen. Die Energie, die nun frei wird, dadurch dass wir nicht mehr ab-spalten müssen, können wir nutzen für unser Leben, unsere Begegnungen, unsere Aufgabe in dieser Welt. Was uns einstmals zurückgehalten hat, unsere Wunde, verwandelt sich zu unserem Kraftquell, zu unserer Energieressource.
So ist dies auch ein Teil der Arbeit der „Wächterin des Friedens“ – denn je mehr wir in uns selbst das Sowohl-als-auch zulassen können, desto weniger müssen wir im Außen, in der Begegnung mit anderen Menschen und mit der Welt, Widersprüchliches ausschließen oder „vereindeutigen“. Wir können es stattdessen wertschätzen und anerkennen für das, wer und was es ist.

In diesem Wissen spürt die Herzkriegerin immer wieder die Orte auf, die sie fürchtet (Dank an P. Chödrön: „Geh an die Orte, die du fürchtest“). Sie lässt sich ein auf das was in diesem Prozess zutage tritt und, während sie achtsam und liebevoll auf ihre Grenzen achtet, erweitert sie mutig Stück für Stück ihre einstmals erlernten Begrenzungen – um sich mehr und mehr dem Leben, dem Fluss des Lebens, der kosmischen Lebenskraft selbst hinzugeben und diese in der Welt zu verkörpern.

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